Sie und ich.
Sie
und ich – wir scheinen gesellschaftlich nicht akzeptiert. Sie steht –
ich sitze - und gemeinsam fahren wir durch Berlin- Neukölln. An jeder
Haltestelle wiegt der Schmerz der uns gierig anblickenden
Neuzugestiegenen schwer. Ein Ruck und sie wirft sich in meine Arme,
gerade noch kann ich sie auffangen. Ein Hauch, und ein Teil ihrer
grazilen Linien wäre in Scherben zerborsten.
Was die wohl miteinander zu schaffen haben?
So leblos sie für andere scheint, kaum Zweifingerbreit
und mit einem unproportional großen Kopf, so schöner wird ihr
sanftbrauner Teint im Schein des zwielichtigen Lichts des Zuges für mich
minütlich.
Sie schaukelt in leichten Wogen, mich schüttelt der kalte Wind bei jeder Türöffnung.
In
Berlin-Eichwalde konnte sie nicht bleiben. Es wäre einfach nicht
gegangen. Irgendwann waren ihre Lichter einfach ausgelöscht worden, sie
war ausgebrannt, gar durchgebrannt, allein. Jeder Funke Lebensfreude
schien erloschen. Nur Dunkel umgab ihr Leben, sie wägte sich auf der
Personifikation des elektrifizierten Abstellgleises.
Wir lernten uns kennen in einer Internetbörse für Einsames, Ungebraucht-Gebrauchtes, dem Tierheim für Haushaltsgegenstände.
Ich beschloss sie freizukaufen.
Als
wir in den Bus einsteigen, sie fest in meinen Armen, da weiß ich, dass
sie es ist. Ich lasse sie sanft aus meinen Händen gleiten, senkrecht gen
Boden. Ihre Quasten schaukeln im Zuge der Heizungsluft seicht hin und
her, umspielen ihren glatten Hals und ihren angerauten Lampenschirm.
Schräg gegenüber erblicken wir einen beschämten Staubsauger, der einen
verstohlenen Blick aus einer großen, blauen Plastiktüte wirft und mit
seinem Rüssel vorsichtig die Luft antastet.
Sie weiß, sie ist nicht allein.
In
meinem warmen Wohnzimmer schließlich strahlt sie wieder voller Energie.
Ganz elektrisiert spenden wir uns gegenseitig Wärme und Gemütlichkeit.
Auch mit meiner Hauskatze, dem Staubsauger, hat sie schon Freundschaft
geschlossen.
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